von weihnachten bis silvester – diesmal ganz anders und besonders achtsam

Ich habe mich vor dieser Weihnachten schon ein bisschen gefürchtet. Ich wusste, es wird diesmal anders sein, vor allem weil meine Eltern in dem so genanntem “Corona Risikogebiet” Namens Polen leben. Das hieß für uns, dass nur wir Vier am Heiligen Abend am Tisch sitzen und die Weihnachtsspeisen geniessen werden. Ich fand es tatsächlich unfair, dass meine Familie aus Polen nicht besuchen darf und ebenso wir nicht hinfahren dürfen. Gleichzeitig durften doch Freunde Ihre Eltern in anderen Städten in Deutschland sehen, und schon wieder denke ich mir: “wie unlogisch manche der Anti-Corona Maßnahmen sind … “

Den Heiligen Abend “auf polnische Art” zu organisieren ist schon eine hochkomplexe organisatorische Anstrengung, die man ungern alleine auf sich nimmt. Normalerweise packen alle mit an und bringen dann die Gerichte zu dem Gastgeber mit – so hat er nicht den Aufwand selbst, alle (12!) Gerichte auf den Tisch zu bringen.

fünf Speisen reichen auch aus

Also habe ich mich ein paar Tage vor Weihnachten an die traditionellen polnischen Speisen rangemacht und mit dem Kochen losgelegt. Ich wusste, es werden auch keine 12 Gerichte werden, alleine aus dem Grund, dass ich es alleine zeitlich nie im Leben schaffe und wer soll dann das Ganze bitte schön überhaupt essen???

Das mit den 12 Weihnachtsspeisen kommt übrigens von den 12 Aposteln und ist eine große Tradition in meiner Heimat. Man fastet bzw. isst relativ wenig und unspektakulär bereits einige Tage vor Weihnachten, um dann an dem Abend vom 24. Dezember die 12 Gerichte, hauptsächlich bestehend aus Fisch, Kraut, Pilzen, Grütze, Mohn bzw. Teig Gerichten (wie z.B. Pierogi) zu geniessen und die Geburt Jesu traditionell mit der Familie gemeinsam immer wieder aufs Neue zu erleben.

Ich habe es geschafft, Fisch, Pierogi mit Kraut und Steinpilzen, die Rote Beete Suppe und den traditionellen Gemüsesalat zuzubereiten und war dann doch sehr stolz auf mich. Wir haben auch tatsächlich für die Kinder eine kleine Ausnahme gemacht und zusätzlich Fleischbällchen mit Bandnudeln in Pilze-Sahne-Soße gemacht. Die beiden fanden es cool von uns und haben sich so richtig gefreut. Es hatte auch dazu den großen Vorteil, dass auch die Kinder (die normalerweise keine der traditionellen Speisen so richtig mögen) am heiligen Abend mal ordentlich satt geworden sind 🙂

oblaten brechen mal anders

Oblaten hatten wir diesmal auch nicht, und das obwohl das Oblaten Brechen und sich dabei die Wünsche gegenseitig unter den Gästen auszusprechen eigentlich ganz fest zur Weihnachtstradition gehört. Wir haben also diesmal Brot gebrochen und uns dann Alles Gute gewünscht. Wie gewohnt, haben wir aus der Bibel über die Geburt Jesu gelesen und danach gemeinsam gebeten.

Weihnachtslieder am Klavier

Da das Singen der Weihnachtslieder nur meine Leidenschaft zu sein scheint und von den Kindern, seitdem sie aus dem Kindergartenalter raus sind, eher als peinlich und lästig empfunden wird, wurden diese am Klavier und über Spotify vorgespielt. Auch während der Messe am 1. Weihnachtstag war das Singen leider nicht möglich. Trotzdem, alleine diese in der Kirche zu hören hat mich zutiefst berührt und gedanklich für kurze Zeit wieder in die Heimat und zu meinen Eltern “versetzt”.

die engsten Freunde sind eben auch Familie

Dann folgte der 2. Weihnachtstag mit dem Besuch unserer engsten Freunden, die auch in Stuttgart und der Gegend leben. Da die Meisten ebenso ursprünglich aus Polen kommen, hat es an dem Tag die polnischen Weihnachtsspeisen aus 3 unterschiedlichen Haushalten gegeben. Unser Esstisch hat sich schön mit Lachen, Gesprächen und der besonderen Nähe und Wärme, die man nur unter Familie und eben den engsten Freunden empfindet, gefüllt. Es war richtig schön anzusehen, als alle die gebrachten Essenreste der letzten Feiertage probiert und gegenseitig gelobt haben. Die Gesprächsthemen gingen bis spät in die Nacht nicht aus. Genau das bedeutet für mich Weihnachten – die Gemütlichkeit, ruhige, einzigartige Stimmung, die in der Luft schwebt, das traditionelle Essen, das Gemeinsam-Sein mit Deinen Liebsten, die Weihnachtslieder und die biblische Weihnachtsgeschichte, die den neuen, hoffnungsvollen ANFANG brachte und uns immer noch bewegt und zum Nachdenken bringt…

Mittlerweile sind wir bei dem letzten Tag des Jahres angekommen. Kein Feuerwerk, keine Gäste, keine Party und draußen eine ungewohnte Stille. Ohne den Vorbereitungsstress, den ich aber sonst immer gerne in Kauf nehme und am Abend und die der Nacht mit Freunden oder Familie zu feiern. Dafür aber viel Raum zum Nachdenken, für Gespräche, den Rückblick ins 2020 und die Hoffnung auf ein gutes Jahr 2021. Ich persönlich hoffe, dass ich weiter wachsen kann, persönlich und beruflich, dass ich mir mehr zutraue und mir aber auch öfter Momente der Entspannung und Ruhe gönne. Dass ich weniger Angst habe zu scheitern oder nicht perfekt zu sein. Dass ich liebe und Liebe empfange. Dass ich am Ende des Jahres stolz auf mich und meine Entscheidungen zurückblicke, auch wenn nicht alles so gelaufen ist, wie gehofft… Frohes Neues 2021!

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